Ich bin ein Dorfkind. Das Kind-Sein in einem 250-Seelen-Kaff hat mir einen sehr direkten Zugang zur Natur ermöglicht. Etwas, was ich mir auch für meine Kinder wünsche. – Aber in der Stadt.
Für die ganz schnellen: Direkt zum Rezept für passierte Brombeermarmelade
Ich bin in einem Dorf in Nordhessen aufgewachsen. Zwischen Feldern und Wäldern, in einem riesigen Haus mit noch größerem Garten, 5 km von der nächsten Stadt entfernt mit einem Bus der morgens in die Stadt fuhr und einmal nachmittags zurück.
Idyllisch denken die einen, zum Gähnen die anderen.
Diese zwei Herzen schlugen auch in mir. So sehr ich das Leben in diesem Provinz-Kaff als Jugendlicher manchmal verdammte, so unbeschwert war meine Kindheit.
Heute, 20 Jahre zurückblickend, hatte ich es ganz schön gut.
Denn dieses dörfliche Leben hat mir, neben vielen Freiheiten, vor allem einen besonderen Zugang zur Natur und Lebensmitteln ermöglicht.
Mit vielleicht 6 Jahren, kurz nachdem das Haus meiner Eltern fertig gebaut und wir auf’s Dorf gezogen sind, habe ich das erste Mal die Geburt eines Kälbchens erlebt.
Mit etwa 8 Jahren habe ich das erste Mal an der Hausschlachtung eines Schweins teilgenommen. – Wenn auch nur zuschauend.
Bis zum Alter von 14 Jahren habe ich regelmäßig an Gesellschaftsjagden als sog. Treiber teilgenommen und die meiste Zeit mit meinem damals besten Freund im Wald verbracht.
Diese Liste ließe sich noch beliebig fortführen und diese Dinge sind es heute, die mir einen Blick auf den Wert von Natur und Lebensmitteln geben, der vielen anderen Menschen verloren gegangen ist.
Was bedeutet es, Fleisch zu essen? Mit welcher Mühe ist die ständige Verfügbarkeit von landwirtschaftlichen Produkten versehen? Und worauf sollte man aus moralischen Überzeugungen vielleicht auch gänzlich verzichten?
Wenn du einmal gesehen hast, wie ein Schwein geschlachtet wird, dann konsumierst du Fleisch bewusster. Bei einer Hausschlachtung weißt du dann aber auch, dass von dem Tier wirklich alles verwendet wird. Und nicht nur die Filetstücke, im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn du einmal durch meterhohe Brombeersträucher gekrochen bist und am ganzen Körper zerkratzt warst, dann weißt du, dass die 100 Gramm Schale für 99 Cent beim Discounter ein schlechter Scherz ist.
Wenn einmal gelernt hast, welche Gewächse und Kräuter du alles essen kannst, dann siehst du Natur in der Stadt mit anderen Augen.
Heute bin ich froh in einer Großstadt zu leben. Das ist für mich persönlich die richtige Art zu leben und ich glaube, dass auch meine Töchter davon profitieren können.
Und dennoch möchte ich, dass die beiden auch in der Großstadt den Wert und die Bedeutung von Natur und Lebewesen kennenlernen.
Das erscheint manchmal widersprüchlich und trotzdem gibt es auch hier viele Möglichkeiten, mit Kindern auf Entdeckertour zu gehen und Natur zu erleben.
Denn Natur gibt es überall in der Stadt. Man muss bloß hinschauen.
Ein Beispiel für diese Natur in der Stadt, sind Bahndämme und -böschungen. Was manchmal nur wie wildes Gestrüpp wirkt, ist in Wahrheit ein kleines Biotop und eine ganz eigene Welt.
Fast immer Teil dieser Welt: Große und wilde Brombeerbüsche, die im Sommer herrliche Früchte tragen, die sich prima zu Brombeermarmelade verarbeiten lassen oder eine tolle Zutat für Kuchen und Torten sind. Sie wachsen vor unserer Nase, wir müssen sie bloß pflücken.
Aber das Pflücken ist mit Aufwand verbunden. Man investiert viel Zeit, kratzt sich an Dornen, hat unangenehme Begegnungen mit Brennnesseln… Und das alles nur, um nach einer Stunde Arbeit einen lausigen Eimer gefüllt zu haben. – Eine für Kinder wichtige Erfahrung! Brombeeren gibt es auch im Supermarkt, sie wachsen aber woanders und das Ernten ist kein Spaß.
Wenn wir nicht genug Brombeeren sammeln, kaufen wir einfach noch ein paar bei Lidl.
Meine ältere Tochter, nach 5 Minuten Brombeerpflücken.
Rezept für passierte Brombeermarmelade
A propos Brombeermarmelade. Der größte Aha-Effekt setzt bei Kindern dann ein, wenn sie mit ihrer Arbeit auch ein Erfolgserlebnis verknüpfen können. Vielleicht sogar eines, das besonders lecker ist.
Wir haben nach unserem letzten Brombeerpflücken daher Marmelade gekocht. Immerhin vier Gläser, die meine großen Tochter auch bereits als Geschenke für Freunde und Familie verplant hat und wir daher nochmal weitere Brombeeren einkochen müssen.
Da bei uns niemand Kerne in der Himbeer- und Brombeermarmelade mag, haben wir die Marmelade passiert. Das Rezept will ich euch nicht vorenthalten.
Zutaten
- ca. 1200 Gramm Brombeeren vom Bahndamm 😉 (die Brombeeren sind reif, wenn sie fast schwarz sind und sich ohne große Anstrengung abzupfen lassen)
- Gelierzucker für 1000 Gramm Früchte oder Saft (wir benutzen solchen mit Stevia, das Verhältnis ist dann 350 g Gelierzucker auf 1 kg passierte Brombeeren)
Du brauchst:
- Pürierstab
- Sieb
- saubere und abgekochte Marmeladegläser, ca. 4 oder 5 Stück
Zubereitung
- Brombeeren gut waschen und abtropfen lassen.
- Brombeeren dann grob pürieren.
- Die Masse durch ein Sieb streichen, sodass die Kerne nicht mehr enthalten sind. (Von 1200 Gramm Brombeeren bleiben dann ca. 1000 Gramm passierte Brombeersoße übrig.)
- Brombeersoße mit dem Gelierzucker vermengen und gut verrühren.
- Die Masse aufkochen und ca. 5 Minuten sprudelnd kochen.
- Die Masse dann direkt randvoll in die abgekochten und trockenen Marmeladegläser füllen, sofort mit den sauberen Deckeln verschließen und für ca. 5 Minuten auf den Kopf stellen.
Ist eine wunderbare Marmelade, kann auch gut zu Milchreis gereicht werden und eignet sich bestens als Belag auf Pfannkuchen. Ein wahrer Gewinn für alle, diese Brombeermarmelade.